CAPTN Initiative stellt sich Minister Madsen vor
5. Januar 2023Seit Mitte 2022 hat Schleswig-Holstein einen neuen Wirtschaftsminister. Claus Ruhe Madsen (parteilos) scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, wichtige Player aus seinem Ressort – Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus – persönlich kennenlernen zu wollen. Auch für die CAPTN Initiative hat er Anfang dieses Jahres Zeit gefunden und hat sich am 5. Januar über unsere aktuellen Projekte und Ziele informiert.
Nach der Begrüßung durch Dr. Wiebke Müller-Lupp, die wissenschaftliche Geschäftsführerin des Wissenschaftszentrums Kiel, erfuhr Minister Madsen, dass es die Idee einer autonomone Fähre bereits seit 2018 gibt. Damals, so berichtete Müller-Lupp, führen sie und Dr. Karsten Pankratz, Innovation Scout der CAU, erste Gespräche mit Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer und dem damaligen Präsidenten der Uni Kiel, Ulf Kipp. Die Idee: unsere Wissenschafts- beziehungsweise Hochschulstandorte besser zu verbinden und zwar mithilfe einer autonomen Fähre. Nachdem weitere Gespräche mit potenziellen Partnern geführt wurden, kamen immer mehr konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung einer solchen Fähre auf – etwa, dass sie saubere Antriebsstoffe verwenden sollte. Präsident Kipp lieferte schließlich eine Anschubfinanzierung und das Projekt CAPTin_Kiel (so hieß es damals noch) konnte starten. Heute, betonte Müller-Lupp, sei die Initiative als Gesamtkonsortium Vorreiter in vielen Bereiche in Schleswig-Holstein wie in der autonomen Schifffahrt, Energie, Mobilität und Design und beweise Kompetenz beim Bau des Versuchsträgers. Damit bereitete sie den Boden für die folgenden Redner.
Technologiefortschritt und Künstliche Intelligenz
„Autonome Schifffahrt und KI sind zentral für unser Vorhaben“, begann Dr. Dirk Nowotka seinen fünfminütigen Vortrag. Und stellt klar, dass das autonome Fahren im Zusammenhang mit der CAPTN Initiative nicht immer richtig verstanden wird. „Das autonome Fahren der großen Containerschiffe über den Ozean ist nicht gleichzusetzen mit dem, was wir erreichen wollen.“ Diese werden meistens durch Autopiloten gesteuert. Für die von der CAPTN Initiative erdachte Fördefähre reicht das aber nicht aus. So muss sie sich eigenständig in komplexen Verkehrssituationen zurechtfinden. Dafür ist nicht nur der Versuchtsträger MS Wavelab, der kurz vor seiner Fertigstellung steht, als Model für die autonome Schiffahrt notwendig, sondern auch die Fähigkeit eine intelligente Wahrnehmung durch verschiedene Sensordaten. Nowotka führte aus, dass die Daten aus Kameras, LiDAR-Sensoren, dem Automatic Identification System (AIS; dt.: Automatisches Identifikationssystem), Seekarten und anderen möglichen Datenquellen verknüpft werden müssen, um ein Umgebungsmodell zu schaffen. Mit diesem können sich das Schiff fernüberwacht, aber eigenständig bewegen und Situationen autonom analysieren. „Wir haben also nicht nur ein akademisches Interesse an einer autonomen Fähre, sondern auch an der tatsächlichen Entwicklung von entsprechenden Systemen und der Vermarktung des Anwendungsfalls“, schloss Nowotka.
Madsen wollte wissen, wie die Chancen ständen, Vorreiter in diesem Segment zu sein, beziehungsweise vorne mitzuspielen. Nowotka betonte, dass die CAPTN Initiative schon heute zu den führenden Institutionen in dem Bereich autonome Personenschifffahrt gehöre. Man müsse allerdings zwischen den Organisationen und Unternehmen, die sich ebenfalls mit dem Themenbereich beschäftigen, differenzieren. So müsse man die Art der Fähre, die Komplexität der Verkehrssituation sowie die Antriebsart bedenken. Nowotka betonte aber auch, er sehe den nicht ausreichenden Ausbau der Infrastruktur und digitalen Anknüpfungspunkte als Problem an.
Bau des Versuchsträgers
Björn Lehmann-Matthaei von der FuE GmbH der Fachhochschule Kiel stellte in einem weiteren Fünf-Minuten-Vortrag den Bau des Versuchsträgers im Projekts CAPTN Förde Areal vor. „Das Besondere bei uns ist, dass wir als Erste ein Forschungsschiff bauen lassen, das diese Ausmaße hat. Damit simulieren wir eine Personenfähre“, sagte er. Der sich im Bau befindliche Katamaran ist gute 21 Meter lang und acht Meter breit. Zusätzlich zur Überwachung des Baufortschritts auf der Gebrüder Friedrich Werft, geht es in Lehmann-Matthaeis Verantwortungsbereich auch um die Etablierung eines digital ausgestatteten Testfeldes – das mit dem WTD 71 der Marine bereits gefunden wurde. Bereits vor Inbetriebnahme des Versuchsträgers haben Projektpartner Daten mithilfe der SFK-Fähren gesammelt. Diese werden verwendet, um Algorithmen zur Objekterkennung zu trainieren. Auch ein landseitiges Kontrollzentrum wird etabliert, ebenso eine Funkstation sowie die Infrastruktur zur stablien Datenübertragung in Echtzeit zwischen Versuchsträger und Kontrollzentrum.
Design meets Technology
Im Anschluss führte Detlef Rhein von der Muthesius Fachhochschule aus, was die CAPTN Fördefähre so einzigartig macht: das Design. „Wir haben die Technologien für das autonome Fahren, aber uns fehlt ein Gefühl, die Emotionalisierung des Produkts“, meinte er. Mit dem Konzept der Vaiaro-Fähren habe die CAPTN Initiative die Möglichkeit, in Kiel Mobilität zu emotionalisieren und eine Geschichte zu erzählen. „Rationalität genügt nicht für eine Verkehrswende“, ist er überzeugt. Er stellt unterschiedliche Ideen vor, mit denen die Fahrt mit der CAPTN-Fördefähre zu einem Erlebnis wird. So könnten andere Verkehrsteilnehmer kenntlich gemacht werden (z.B. mit Schiffsbezeichnung, Herkunftsland oder Bruttoregistertonnen) , auch Verbrauch und Emissionsausstoß könne sich auf Monitoren darstellen lassen.
Madsen scheint sich für diese ähnliche Ideen zu erwärmen. Er schlägt vor, auch markante Gebäude der Kieler Skyline oder auch Wetterdaten zu integrieren.
CAPTN Energy kommt
Letzter im Bunde ist Dr. Frank Meisel, der das jüngste Projekt der Initiative CAPTN Energy vorstellt. Konkrete Ergebnisse kann der CAU-Professor noch nicht über den „jüngsten Spross“ der CAPTN Initiative berichten. So stellt er nur die unterschiedlichen Phasen, die Projektideen und -skizzen der Bündnispartner vor.
Madsen sagt CAPTN Unterstützung zu
Die anschließende Diskussion zeigt, dass Madsen aufmerksam zugehört hat. Seine Nachfragen sind detailliert, seine Schlussfolgerungen konkret. Natürlich möchte der Wirtschaftsminister Fakten schaffen und verspricht Unterstützung für weitere Anwendungsfälle.
Sein Fazit nach diesem Termin mit CAPTN-Experten: „Ich habe den Eindruck, dass wir mit CAPTN eine Innovationsschmiede im Land haben, was sich auch an der Höhe der eingeworbenen Fördermittel erkennen lässt. Mittlerweile hat die Initiative eine gute Tiefe erreicht, in der die verschiedenen Akteure auf Theorie und Praxis auch konkret zusammenarbeiten. Wir als Land sind daher gerne bei CAPTN mit an Bord.“