Batterien: Lithium-Ionen und alternative Akkus

10. Mai 2023

Akkus statt Ottomotoren: Für die Wende in der Klimapolitik, der Reduzierung von Kraftstoffemissionen und das Einhalten der Vorgaben zum CO2-Ausstoß sind batteriegetriebene Fahrzeuge essenziell. Hersteller von E-Autos, E-LKW und elektrisch angetriebenen Schiffen (wie der MS Wavelab) setzen dabei auf Lithium-Ionen-Batterien. Denn diese besitzen eine hohe Energiedichte und eine lange Lebensdauer. Doch sie sind nicht der Weisheit letzter Schluss: Ihre Herstellung gilt als problematisch; zudem ist ihr CO2-Fußabdruck nur dann optimal, wenn sie mit Strom aus regenerativen Quellen betankt werden. Dieser Beitrag unternimmt einen Versuch, die ökologische Verträglichkeit der Li-Ion-Batterie darzustellen.

Das lest ihr hier:
Herstellung: Problem der Vergleichbarkeit
Entsorgung & Recycling
Alternativen:
Natrium-Ionen-Batterien
Lithium-Schwefel-Batterien
Calcium-Schwefel-Batterien
natürliches Speichermedium
Alternative Wasserstoff?

Herstellung: Problem der Vergleichbarkeit
Die Herstellung ist jedoch nicht ganz unproblematisch. Denn dafür werden Rohstoffen wie Lithium, Kobalt, Nickel, Grafit, Aluminium, Zinn, Mangan, Kupfer sowie Seltene Erden wie Neodym benötigt. Der Abbau dieser Rohstoffe wirkt sich negativ auf die Umwelt aus und verursacht häufig massive Bodenbewegungen, einen riesigen Wasserverbrauch, Rodungen und somit der Zerstörung von Landschaften sowie Luft- und Wasserverschmutzung. Oft sind zudem fragwürdige Arbeitsbedingungen mit dem Abbau verbunden.

Natürlich benötigen Minen viel Energie und verursacht Emissionen – unter anderem Kohlendioxid (CO2). Jedoch ist es problematisch, einen konkreten Wert für die CO2-Emissionen für die benennen. Der Grund: Sie sind abhängig von der verwendeten Energieart und vom Abbaugebiet. 

Das macht die Vergleichbarkeit schwierig. Den Versuch einer umfassenden Analyse machte 2019 der Sachstandsbericht WD 8 – 3000 – 081/19 des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags. Dieser dürfte zwar inzwischen als in Teilen überholt angesehen werden, erklärt aber sehr informativ die Schwierigkeiten bei der Festsetzung einer einheitlichen CO2-Kennzahl bei der Herstellung inklusive Rohstoffproduktion der Batterien auf. Daraus folgende Abbildung. Sie zeigt auch, dass sich die Umweltbelastung mit verbesserten Herstellungsmethoden und einem nachhaltigeren Strommix reduzieren lässt.

Eine bessere Datenlage gibt es für die Herstellung des Akkus – jedoch weichen die Zahlen auch hier je nach Quelle und Analyseart in hohem Maße voneinander ab. Demnach werden aktuell bei der Herstellung des Li-Ion-Akkus zwischen 60 und 140 Kilogramm CO2-Äquivalent errechnet. Der Grund für die hohe Differenz liegt vor allem vom verwendeten Strom – aus regenerativen oder fossilen Quellen – sowie dem Sitz des Herstellers (also USA, China oder EU). Problem bei den unterschiedlichen Angaben ist oft auch die Art und Weise des Vergleichs. So wurden zum Teil Laborbedingungen mit Straßenfahrten und unterschiedliche große Elektro- beziehungsweise Diesel-Fahrzeuge miteinander verglichen. Auch der Zeitpunkt der Studie ist entscheidend: Neuere Studien weisen der Batterieherstellung einen geringeren CO2-Ausstoß nach. Hier greift die Tatsache, dass der Strommix nachhaltiger wurde und die Produktionsmethoden verbessert wurden.

Laut Statista entstehen bei der Herstellung einer Batterie für Elektroautos rund 80 Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilowattstunde durch den Strombedarf bei der Zellfertigung. Am zweitstärksten trägt laut der Quelle die Produktion der Kathode zu den CO2-Emissionen bei der Batterieherstellung bei.

Entsorgung & Recycling
Ein weiterer Knackpunkt bei der Nutzung von Lithium-Ionen Batterien ist die Entsorgung. Bis dato gibt es noch keine einheitlichen Standards; Rohstoffe werden noch zu selten wiederverwendet. Aber auch hier gibt es Entwicklungen. Das Europa-Parlament arbeitet an einer Aktualisierung der aus dem Jahr 2006 stammenden Batterierichtlinie, um Wiederaufbereitung und Recycling zu gewährleisten. Die EU geht davon aus, dass die weltweite Nachfrage nach Batterien bis 2030 um das 14-Fache steigen wird. 17 Prozent dieser Nachfrage könnten auf Europa entfallen. Dies sei vor allem auf den Aufstieg der digitalen Wirtschaft, erneuerbaren Energien und kohlenstoffarmen Mobilität zurückzuführen. Die neue Richtlinie soll unter anderem festlegen, dass für bestimmte neue Batterien ab 2030 ein Mindestmaß recycelter Komponenten vorgesehen ist. Darüber hinaus soll die Verwendung von E-Auto-Batterien als stationäre Energiespeicher verstärkt werden.

Die Richtlinie soll zudem vorschreiben, wie und welche sozialen und ökologischen Standards bei der Gewinnung wichtiger Rohstoffe für die Batterieherstellung eingehalten werden. Der aktuelle Vorschlag sieht außerdem vor, ab 2026 Mindeststandards zur Leistungsfähigkeit und Lebensdauer sowohl für haushaltsübliche Batterien als auch für Industriebatterien einzuführen. Ab Juli 2024 wäre demnach eine CO2-Bilanz für wiederaufladbare Batterien für Industrie und Elektrofahrzeuge notwendig, die später einen bestimmten Wert nicht überschreiten dürfte. Auch sollen größere Batterien von Elektroautos künftig vollständig gesammelt werden. Darüber hinaus ist für bestimmte neue Batterien ab 2030 ein Mindestmaß recycelter Komponenten vorgesehen; die Weiterverwendung von E-Auto-Batterien als stationäre Energiespeicher soll verstärkt werden.

Alternativen
Aufgrund der vielen Bedenken in Bezug auf die Herstellung der Li-Ion-Batterien wird an Alternativen geforscht:

Natrium-Ionen-Batterien: Diese Batterien verwenden Natrium statt Lithium als Elektrode, benötigt weder Cobalt noch Nickel. Sie gelten als kostengünstig, da Natrium leichter und in größerem Maße verfügbar ist als Lithium. Darüber hinaus gilt Natrium als stabiler als Lithium, sodass es weniger anfällig für Überhitzung und andere Sicherheitsprobleme ist. Die Na-Ion-Batterie wäre damit langlebiger – müsste also nicht so rasch entsorgt beziehungsweise recycelt werden wie die aktuell gängigen Akkus. Die Nachteile: Sie haben eine geringere Energiedichte als Lithium-Ionen-Batterien und sind schwerer – was sich auf die Reichweite der E-Fahrzeuge auswirkt. Allerdings verbessern die Hersteller ihre Batterien zunehmend. Ein Beitrag auf dem Online-Magazin schätzt: „Insgesamt hat die Natrium-Ionen-Batterie das Potenzial, die Elektrofahrzeugbranche zu revolutionieren, indem sie einige der größten Herausforderungen bei der Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien überwindet. … Das bedeutet aber nicht, dass Natrium Lithium in kurzer Zeit ersetzen kann: Der Vorsprung bei Planung und Produktionskapazitäten ist zu groß. Die Natrium Batterie wird aber eine sehr gute Ergänzung werden – insbesondere dann, wenn die Rohstoffpreise weiter steigen. Während es noch einige Herausforderungen gibt, die es zu überwinden gilt, ist die Zukunft der Natrium-Ionen-Batterie vielversprechend.“

Unter anderem die Bundesanstalt für Materialforschung BAM erforscht diese Alternative. Das BAM bezeichnet dieses Speichermedium als „Drop-in-Technologie“, denn sie könne schnell auf die gängige Batterieproduktion übertragen werden. Das BAM sucht nach alternativem Material für den „Pluspol“ – vereinfacht erklärt die Anode eines Akkus, in dem die Natrium-Ionen gespeichert werden. Aktuell werden sogenannte Hard Carbons, also Kohlenstoffe, verwendet. Diese Materialien lassen jedoch auch Elektrolyt, die ionenleitende Flüssigkeit im Innern der Batteriezelle, hinein. Das führt zu Verlusten der Speicherkapazität und beeinträchtigt die Effizienz. In dem Forschungsprojekt sollen neuen Verbundstoffe gefunden werden.

Lithium-Schwefel-Batterien: Diese Festkörperbatterien haben das Potenzial, deutlich mehr Ladezyklen auszuhalten als Lithium-Ionen-Batterien. Außerdem sind sie leichter und billiger herzustellen. Tests des Fraunhofer IWS zeigen, dass die erhöhte Sicherheit ein wichtiges Merkmal der Li-S-Technologie darstellt. Demnach halten die Li-S-Batterien Hitze und Frost besser aus als herkömmliche Batteriezellen. Einzig eine Temperatur von mehr als 180 Grad Celsius stellt eine kritische Bedingung für die Li-S-Zellen dar. Aktuell arbeiten Forschende noch am Problem der kurzen Ladezeiten und der unzuverlässigen Langzeitstabilität.

Calcium-Schwefel-Batterien: Kalzium hat den Vorteil als natürliche Ressource in größerem Maße vorhanden zu sein, als manche Rohstoffe für herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Zudem weisen Ca-S-Akkus eine hohe Energiedichte sowie passable Sicherheitsaspekte auf. Unter anderem das Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) forscht gemeinsam mit dem Helmholtz Institut Ulm (HUI), dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und weiteren Partnern im Verbundprojekt CaSino an der Entwicklung dieses Speichermediums. Das Problem: Kalzium-Ionen und Kalzium-Metall reagieren stark mit Kathodenmaterialien und nicht wässrigen Elektrolyt-Lösungen. Das führt dazu, dass sich die Kalzium-Akkus nur unter großen Schwierigkeiten laden lassen und letztlich nur eine schwache Leistung im Verhältnis zum Ladeaufwand hervorbringen.

An einem natürlichen Speichermedium ohne Kobalt und Lithium arbeitet eine Firma in Massachusetts, USA. Sie sind nicht-entflammbar, ungiftig und verwenden „bereits in der Natur verfügbare Materialien“. Das würde die Batterie eigenen Angaben zufolge günstiger in der Produktion machen, weniger umweltbelastend und zudem leichter zu recyceln sein.

Alternative Wasserstoff?
Eine Untersuchung des ADAC aus dem Jahr 2022 zeigt: Ein Auto, das Wasserstoff tankt, ist in der Analyse nur geringfügig sauberer als ein Verbrenner. Der Automobilclub errechnete, dass ein elektrisch betriebener Wagen in der Golfklasse bei Nutzung des deutschen Strommixes im Betrieb über 240.000 Kilometer mit 115 CO2-Äquivalent eine vergleichsweise gute Treibhausgas-Bilanz aufweist. Das beste Ergebnis lieferte ein E-Fahrzeug, das mit Windstrom betankt wird; das Zweitbeste eine Brennstoffzelle mit Wasserstoff aus der gleichen nachhaltigen Stromquelle. Damit scheint auch die Brennstoffzelle keine Alternative zu sein.

(Die sogenannte Lebenszyklusanalyse kumulierte Werte für Emissionen, die sich aus Fahrzeug- und Batterieproduktion sowie deren Entsorgung, Nutzung inkl. Wartung und Energiebereitstellung über eine angenommene Lebensdauer von 240.000 Kilometern. Für die Untersuchung nutzte der ADAC ein Analysetool der Universität Graz, das vom Österreichischem Automobilclub und dem Internationalen Automobilverband FIA in Auftrag gegeben wurde.)

Einen anderen (wenn auch mittlerweile etwas veralteten) Vergleich hat etwa das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) herausgebracht. Es verglich im Jahr 2019 im Auftrag der H2 Mobility die Treibhausgasemissionen (THG) für Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge auch im Vergleich zu Diesel-PKW mit Reichweiten über 300 Kilometer. Fazit der Studie: Über einen zehnjährigen Zeitraum betrachtet liegt das Brennstoffzellenfahrzeugs in Bezug auf die THG-Emissionsvorteile vor dem mit Batterie angetrieben Fahrzeug. Damit bescheinigt sie der Fahrzeugbatterie den Status der Übergangstechnologie gegenüber der Brennstoffzelle – zumindest in Bezug auf die CO2-Emission.